Freitag, 2. März 2007

KUNST ist die neue Diktatur

Jonathan Meese als Ausnahmestimme bei den LeadAwards

Pinkel-Installationen, Wasch-Highways für Homo Sapiens (Mike Meiré), Lifestyle Magazine nur für Männer (http://www.fantasticmanmagazine.com), Lexika für das Web 2.0 (http://wikipedia.org), die Übersetzung von Bildsprache (http://creative.gettyimages.com). Das Symposium des LeadAward 2007 in den Hamburger Deichtorhallen - Kreativ, gesittet, etwas schräg, ein bisschen ausgeflippt - eine Spur zu langweilig. Bis auf einen: endlich ein Mensch, der kein Konzept hat, keinen Laptop, einfach nur sich selbst. Jonathan Meese springt mit fliegenden Haaren aufs Podium, samt Lederkluft, Adidasjacke, enger schwarzer Jeans und einem wirren Kopf voller genialer Ideen. Festgeklemmt zwischen Pult, Wasserglas und Mikro, ruft er keine Erwartungen hervor, keine schmucke PPP oder eine Huldigung seines künstlerischen Genius. Er ist einfach nur er. Im Denken hält er inne, als sollte jeder seinem Grübelprozess folgen - um alles dann um so schneller aus sich herausschnellen zu lassen. Die Worte tröpfeln erst langsam, dann immer schneller werdend, als gerät sein Geist gerade erst in Gang und dann überschlägt sich alles, Gedanken, Worte, Stimme. Dem Takt eines Rocksongs gleich folgen waghalsige Ideen, dennoch so real, man würde sich wünschen, das Unmögliche geschehe jetzt. Revolution, Anti-Revolution, Kunst als neue Diktatur... die verlorenen, verbannten Seelen, die in Bergwerken lagern, man möchte sie loseisen, befreien und ihnen Luft zum Atmen geben. Man sieht es vor sich, wie durch Unterdruck die politische Elite aus dem Reichstag geschleudert wird, an die Außenmauern klatscht und langsam in die Tiefe rutscht. Drinnen ist es nur leer und still. Genau wie in uns. Unverhofft, überraschend, erklärt sich Meese’s Sprache von selbst, seine Energie, seine Uneitelkeit, sein Anspruch an sein eigenes Ego, dass er gleichzeitig mit Füssen tritt, lässt einen hoffen, dass er noch etwas von Sport, Politik und egal was erzählt. Er wühlt sich durch einen ungeordneten Haufen Papier, auf den Zetteln stehen einzelne Worte, oder auch nichts. Ein Konzept des Chaos, des herrlich Improvisierten - und dennoch strategisch tief Durchdachten. Er appelliert an eines jeden wachen Bewusstseins. Bewunderung, Verwunderung, alles gleichzeitig. Das Lachen überkommt den verwirrten Zuhörer und bleibt ihm dennoch im Halse stecken. Dies ist wohl die einzige Reaktion, um auf das Unbekannte, pulsierende Wesen dort auf der Bühne zu reagieren. Vielleicht breitet Jonathan Meese an diesem grauen Vormittag in Hamburg nicht das Tiefste seiner Seele aus, aber selbst die Oberfläche läßt tief blicken. Mehr von Dir, ruheloser Jonathan. Mehr vom Wachsein in einer Zeit voller Schläfer. Sein Schlusswort: keines. Den ideenlosen Fakt kommentierte er auf seine Art: „Scheiße“.

Dienstag, 20. Februar 2007

Same sad Night

Wenn andere unsere Träume sehen

Wie kommt es, dass Fremde uns die Augen öffnen, durch sie fast besser sehen als wir selbst? Verschließen wir uns vor unseren eigenen Träumen? Weshalb? Scheuen wir die Erkenntnis, einen Traum zu haben, der noch immer nicht mehr als ein Traum ist. Scheuen wir uns davor einzusehen, dass wir nicht im Stande sind, ihn zu erfüllen? Da steht der Mann deines Lebens vor Dir und Du siehst es nicht. Der Traumjob ist zum Greifen nah, doch er bleibt links liegen, weil Du Angst hast, das, was Du nicht ausprobierst, zu verpassen. Unangetastete Chancen, versprochene Versprechen, Vertrauen in ausgemalte, unbekannte Welten - verlieren wir den Weg, weil wir alle anderen gehen? Menschen, die uns nicht kennen, fragen uns Fragen, vor denen wir uns selbst scheuen. Sie hinterfragen unsere Entscheidungen, deren Hintergründe wir längst ins Abseits gedrängt haben. Sie öffnen verschlossene Türen, heben versunkene Schätze. Wir lieben es in unserer niemals stillstehenden Welt, immer mehr, immer exotischere Fremde zu treffen, gehen immer bewusster das Risiko der Konfrontation mit Fremden, also mit uns selbst ein. Denn was wir an uns allzu gut kennen, lösen die Fremden erst ganz langsam und nach ihrer eigenen Systematik aus uns heraus. Was wir antworten, aus Ehrlichkeit, verletzt uns vielleicht selbst. Wir liegen nachts wach und können nicht schlafen, weil wir ehrlich zu anderen und unverhofft auch zu uns selbst waren. Selbst wenn wir die Fremden belügen würden, vor uns selbst könnten wir die Wahrheit nicht verleugnen. Und wenn der Schmerz Dich nachts auffrisst, Dich den Himmel anflehen lässt, Dich durch Schlaf zu erlösen, ist er wieder da. Der Traum.

Mittwoch, 31. Januar 2007

"Suzi Q"-ulumne

Es ist der letzte Tag im Januar - ohne Worte! Zurück in der grauen Welt - desillusioniert aus der weißen: Ein Traum aus blauem Himmel, silbernen Eiskristallen und, ja wirklich, Schnee! Jeder Tag war wunderschön gleich: essen, Tiefschneeeuphorie, Pistenrutschen, "Hol das Lasso raus" (wer es nicht kennt, ist ein Aprés Ski Hit), essen, schlafen. Herrlich! Und zurück in der Stadt, zurück beim Laufen an der guten alten Alster, die mit ihrem Sturmgerausche ein bisschen auf Meer macht, vorbei an Ulrich Wickert und Herrn Prinz, fällt der bewußten Frau von heute ein - Du warst schon ewig nicht mehr shoppen. Und Du existierst, Du lebst noch! Nicht mal von außen fielen Geschäfte ins modebewusste Auge. Na, das ist geschwindelt! So schlau ist man nun schon, dass man sich nicht mehr selbst belügt. Aber allein der Gedanke, der da so aufkam, war zum Schmunzeln. Nun ja, das Leben hat einen wieder. Vor den Tagen in Ischgl ging es beim Muttersender RTL Nord so richtig in die Vollen und die hart erarbeiteten Beiträge erzeugten dann schon mächtig Stolz in der Brust. Seit drei Tagen ist wieder Schulbankdrücken angesagt... Bloß viel passiert ist noch nciht. Die Schweizer sind alle wieder heil im Norden angekommen, die erste Dozentin schickt uns ins Hamburger Nachtleben, um Hautnah-Reportagen zu ergattern. Da lassen wir uns natürlich nicht lange bitten! Mehr demnächst....
To be continued!!!

Montag, 4. Dezember 2006

"Suzi Q"-ulumne

Jeden Monat schreibt Susanne Hoppe über das Leben und Lernen an der HamburgMediaSchool - dem Hamburger „Journalisten-Kreißsaal“ in der ehemaligen Frauenklinik in der Finkenau in Hohenfelde.

Grüezi allerseits!
Fast zwei Monate rauchen jetzt schon 18 Köpfe in der einstigen Geburtsklinik. Jeden Tag bringen wir Streitgespräche, Schreibproben und andere Dinge mit S (Dreiklang mögen wir doch alle) zur Welt. In der Minderheit sieben Schweizer Kommilitonen, die sich für ein ganzes Jahr aufs platte Land vereidigt haben. Die HMS baute, wie zu vielen Medienunternehmen, auch eine Verbindung zur MAZ auf, DER Journalistenschule in Luzern. Mittlerweile wachsen wir zu einer echten Studi-Gemeinschaft zusammen und die kleinen Sorgen des Lebens fallen den Schweizern (fast) nicht mehr auf. Bis auf ein paar Ausnahmen: ein einfaches „Tschüß“ geht für sie nur zu ganz engen Freunden; das nordische Moin, Moin bringt sie regelmäßig zum Lachen, genau wie Susis Lieblingswörter Schnecke oder schnuckelig. Ansonsten sind sie ganz handzahm und schmuggeln artig Schweizer Schoki ins Land. Mathieu (schreibt man das so?) hat mir ja schon verraten, dass die Züricher die Nase eher gen Himmel strecken und nicht so sehr auf Aargauer und Basler Mitgenossen stehen, na ja, kennen wir Deutschen ja auch.
Falls irgendwer meine letzte Textgeburt gelesen hat (seid ehrlich!!!), kann sich an die 6 P sicherlich erinnern. Nicht? Na ja, die wurden uns gleich am ersten Tag eingebläut, und ich meine, was ich sage!!! Pünktlichkeit, Präsens, Partizipation, P..., P... und P... ähm, ja ihr seht ... ;-). Tja, da waren die Dozenten sehr stolz drauf, uns so richtig den Angstschweiß unter die vermeidlich schwachen Schultern zu treiben, bibber, bibber! Aber ich bin ja schon groß, und wenn mir einer was will, ruf ich Großmeister Andy zu Hilfe, der pfeift sie hier alle zusammen ;-). Ansonsten läuft hier alles sehr eigenverantwortlich. Auf der Tagesordnung stehen Kritik, Beteiligung und Meinung äußern. Alle sind offen für Vorschläge und Anregungen und jeder Dozent ist froh, über alles, was er nicht selbst machen muss. Langweilig wird hier einem also eher selten, wie man das eventuell vom Studium gewöhnt ist, so ging es mir jedenfalls oft. Das Pensum ist wirklich Job-like, von 8:30 Uhr bis 18:00, 19:00 Uhr, täglich. Gut, wir müssen nicht im Regen Menschen nach den Steuererhöhungen oder der Gesundheitsreform befragen - aber auch das wird noch kommen! Im Moment bietet sich hier vielmehr eine Art Laborsituation, in der sich alles ausprobieren lässt, was dann draußen, in der bösen, weiten Medienwelt auf einen zukommen könnte. In jedem Seminar unterrichten Menschen aus der Praxis - Redakteure vom Spiegel, Journalisten von der „TAZ“ oder von der „dpa“. Sie erzeugen eine interessante Mischung aus ihren persönlichen Erfahrungen, ihrer Art, Journalismus zu vermitteln und den Forderungen an uns. Letzte Woche war Stefan Niggemeier von Bild-Blog bei uns und erzählte von seiner „Garagenidee“, die er mit einigen Freunden hatte und aus der Bild-Blog entstand. Die interaktive Seite nimmt mittlerweile so viel Zeit in Anspruch, dass er vor einiger Zeit sogar seinen Job bei der FAZ aufgab. Mit Bild-Blog soll der Bild-Zeitung nicht einfach nur Paroli geboten werden, viel mehr geht es Niggemeier um das Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Lesern.
An den dunklen Abenden im Herbst gibt es ab und zu auch die so genannten Kamingespräche. Da knistert ein digitales Feuerchen auf dem LCD-Bildschirm und hochkarätige Gäste sitzen vor uns (das private Abendprogramm geht dafür aber auch drauf). Eine der Gäste: die russische Journalistin Olga Kitowa. Sie war eine gute Freundin der ermordeten Anna Pilotkowskaja und berichtete mit ungeheurem Nachdruck, wie ihre Arbeit in Russland aussieht. Korruption gehört da zum Alltag und jeder Journalist lebt dort wirklich seine Aufgabe der Aufklärung und Wahrheitsfindung. Am Montag ist Tom Jacobi bei uns, Stern Artdirector, View Chefredakteur und ... gut aussehend - schnuckelig eben!
Wie’s war, ob uns ab und zu ein Licht aufgeht und wie uns Lebkuchen über die Prüfungsphase im Dezember retten - all das im nächsten Teil!
Big kiss


P.S. Beim Newshunter bekam ich mit, dass viele mit meinem hochkreativen Kürzel nicht viel anfangen können - es steht für die Rockröhre „Suzi Quatro“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Suzi_Quatro). dachte das wäre lustig, hmmm? Außer dem Namen haben wir zwar nicht viel gemeinsam, aber es passte eben so schön. Falls mir aber dennoch was anderes einfallen sollte, ändere ich das dann - vielleicht. So long,

Eure Suzi Q
Kontakt: mail@susannehoppe.com

Sonntag, 3. Dezember 2006

"Suzi Q"-ulumne

Jeden Monat schreibt Susanne Hoppe über das Leben und Lernen an der HamburgMediaSchool - dem „Journalisten-Kreißsaal“ in der ehemaligen Frauenklinik in der Finkenau/ Hamburg - Hohenfelde.

Frischlingsblut streift durch Hamburg City!

Nicht für die Schule sollt ihr lernen, sondern fürs Leben - alter Lenin-Leitspruch, aber gilt ebenso im modernen Zeitalter der HMS - Studenten! Am 4. Oktober begann für mich und drei Dutzend weitere Journalismus - und Medienmanagment - Studenten mal wieder der Ernst des Lebens. Nach 3 Tagen Eingewöhnungszeit in den ehrenwerten Räumen der jungen Schreiber - Schmiede sollten wir am ersten Freitag unseres neuen Intellektuellenlebens lernen, wie dieses (auch) aussehen kann.
Treffpunkt: 19:15 Uhr punkt in der HMS; Utensilien: wetterfeste Kleidung, 10 Euro und ... Hausschuhe! Wir hatten alles andere als Klarheit im Gepäck, aber so als Neuling will man nicht gleich kritische Fragen stellen, dazu haben wir ja noch zwei Jahre lang Gelegenheit! Eingeteilt in fünf Gruppen, Medienmanager und Journalisten gemischt - ja, Kaufmänner und Kreative können zusammen halten - erhielten wir verschlossene Briefe und wurden in 15 Minuten Abständen in die Realität des verregneten Hamburgs entlassen. Und jetzt wussten wir auch, wohin es ging: wir waren auf dem Weg zu unserer „Freshman Rallye 2006“. Mit der U-Bahn ging’s gen „Oma’s Apotheke“ in die Schanze. Zwei Mädels in unserer Truppe - Teamname 6P - waren trinkfester als alle Jahrgänge bisher und stellten einen neuen Rekord im Meter - Kölsch - Trinken auf, der ersten Aufgabe dieser langen Nacht. Während der Rest von uns mehr schlecht als recht Fragen nach Chefredakteuren und Reichweiten beantworten konnten, kippten sie, was das Zeug hielt. 3 Minuten 21 Sekunden, absoluter Rekord für 11 Mal 0,25 l rheinischen Hopfensaftes - und jetzt kommt ihr! Weiter ging’s mit Lieder raten in der Bedford Bar, Schilder zählen auf dem Schulterblatt, und einem weiteren Wissenstest im Plan B - DEN brauchten wir zum Glück nicht. Durch Flüssigkeitszufuhr war auch die letzte Blutbahn erweitert und das Wissen strömte und der Genius war auf unserer Seite. Mittlerweile war jede Mädchenfriseur dahin (Hamburger Niesel) und jede Fremdheit untereinander gewichen - beste Voraussetzungen für die Thai Oase - da bedarf es keiner weiteren Erläuterung! Ich sag’ nur Britney Spears! Nach einem unvergesslichen, aber doch lieber schnell zu vergessendem Auftritt, wurde kreativer Poesieoutput gefordert. Dass Gedichte im Silbersack geschrieben werden können, davon sind wir seit dieser Federführung überzeugt! Nach weiteren Aufgaben und einander kennen lernen, erreichten wir endlich den Spielbudenplatz. Endstation, aber noch lange nicht zu Ende. Wer noch Kraft in den Gliedern hatte, entlud diese hier. Nach circa einer Stunde fielen nicht nur den ersten Studis die Augen zu, es war auch Zeit, den Gewinner des glorreichen Abends zu krönen. Ich muss ehrlich zugeben - der Ehrgeiz wich mir an diesem Abend nicht von der Seite, und auch jetzt saß er mir im Nacken! Bei den Platzierungen 3 - 5 war unser Team nicht dabei - und dann...! Ja, wir, das 6P - Team, haben den „6 P“ alle Ehre gemacht und holten, zum ersten Mal, den Pokal für die Journi’s (Schweizer Ausdruck). Wir waren stolz, ja, der Ehrgeiz hatte uns getrieben und wir jubelten und dachten: was für ein Start. Wir freuten uns wie kleine HMSchnee - Könige. Das Trinken, Raten, Rennen, Singen und Dichten - es hatte sich gelohnt! Und die Hausschuhe - manche Rätsel sollen auch solche bleiben.

Dies war ein AUSNAHMETAG - er bestätigt die Regel! Mehr über das Journi - Leben, unsere Schweizer Kommilitonen, die 6 P und den Besuch der russischen Journalistin Olga Kitowa an der HMS beim nächsten Mal!

Eure Susi Q

Kontakt: mail@susannehoppe.com
The „6P“ Winning Team